TITELTHEMA


Gnade und Herrlichkeit

von Giovanni Ricciardi


„Ich sehe nicht genau, was ich nach dem Tod noch mehr haben werde... Ich werde den Lieben Gott sehen! Denn bei ihm bin ich auch schon auf der Erde ganz." In diesen scheinbar widersprüchlichen Worten finden wir Theresias Vorstellung , wonach das Glaubensleben trotz seiner Vorläufigkeit und Gebrechlichkeit beneidenswert ist.
Ein Interview mit Jean Guitton.


     Jean Guitton schrieb 1954 einen Aufsatz Sur le génie spirituel dans la doctrine de sainte Thérèse de l'Enfant-Jésus, der zunächst in den Annales de Lisieux erschien und dann nach einigen Vervollständigungen im Jahr 1965 erneut veröffentlicht wurde. Sein Beitrag war in einem gewissen Sinn prophetisch. Guitton stellte zum ersten Mal die Lehre der Heiligen aus Lisieux in den Mittelpunkt seiner Überlegungen und strich ihre Tiefe klar heraus. Das kleine Bändchen, das seinerzeit praktisch unbeachtet blieb, ist heute, da Johannes Paul II. die Heilige des ‚Kleinen Wegs' zur Kirchenlehrerin erhoben hat, von besonderer Aktualität. Von Bischof Guy Gaucher, dem Weihbischof von Lisieux wiederentdeckt, wurde es jüngst in Frankreich und Italien erneut gedruckt (Jean Guitton, Le génie de Thérèse de Lisieux, 1995). Wir haben Jean Guitton nach dem Inhalt seines Buchs befragt und ihn gebeten, eine kurze Zusammenfassung seines Denkens über die heilige Theresia zu geben, das sich seit damals nicht geändert hat. „Einer meiner Lehrer", schreibt der französische Philosoph im Vorwort zur Neuauflage, „hat zu mir gesagt: ‚Schreiben Sie so, daß das, was Sie schreiben, dem Geist zur Nahrung und der Seele zur Speise gereicht', und ich habe versucht, diesen Rat zu befolgen. Deshalb ist das, was ich geschrieben habe, nicht veraltet."
     Herr Professor, worin besteht der ‚Genius' von Theresia von Lisieux?

Nicht alle Heiligen lösen eine solche Faszination aus. Die Faszination schreibt man fast nie einem Erwachsenen zu. Sie verlangt eine gewisse Kindlichkeit, impliziert sogar eine Unkenntnis der Faszination; eine Faszination, die sich ihrer selbst bewußt ist, würde vergehen.

     JEAN GUITTON: In der Einfachheit der Synthese. Und dies ist die Einfachheit eines Kindes. Theresia besitzt die Veranlagung, sozusagen in einem einzigen Augenblick zu jener Einfachheit zu gelangen, die die Weisen und Wissenschaftler erst nach langen Bemühungen, nach vielen Mißerfolgen und mit viel Geduld erwerben.
     Die Kirche hat sie zur Kirchenlehrerin erhoben. Ihr Aufsatz aus dem Jahr 1954 nahm schon implizit die Möglichkeit dieser Anerkennung vorweg. Wie kamen Sie in Ihren Überlegungen dazu?
     GUITTON: Der springende Punkt war folgender: Daß Theresia eine kanonisierbare und kanonisierte Heilige mit jenem Flair war, das man Faszination nennt, darüber bestand zumindest unter den Katholiken kein Zweifel. Die eigentliche Frage war vielmehr, ob Theresia zur allgemeinen Schar der Heiligen gehörte oder ob sie der Gruppe der ‚genialen' Heiligen zuzuordnen wäre, das heißt, ob sie zu jenen seltenen Wesen gehörte, die aus dem ewigen Schatz des Evangeliums Wege, oder anders gesagt, neue Lebenswahrheiten hervorgeholt haben. Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt meines Lebens habe ich mir diese Frage nie gestellt. Ich interessierte mich für die heilige Theresia vom Kinde Jesu, war aber nicht völlig ‚hingerissen'. Paradoxerweise eröffnete mir ein ‚Nichtkatholik' diese Perspektive.
     Wer?
     GUITTON: In den Jahren meiner Gefangenschaft las ich ein Buch des russisch-orthodoxen Denkers Merezkovkij mit dem Titel Von Jesus bis zu uns. Der scharfsinnige slawische Schriftsteller, ein Freund Dostojewskijs, ging von der Vorstellung aus, daß es von "Jesus bis zu uns" nur fünf oder sechs besondere Heilige gab: Paulus, Augustinus, Franz von Assisi, Jeanne d'Arc. Mich überraschte damals, daß ich fast auf dieselben Namen kam, als ich selbst über diese Frage nachdachte. Nach Jeanne d'Arc zögerte ich allerdings orientierungslos angesichts der Fülle der Heiligen der Neuzeit. Merezkovkij zögerte hingegen keinen Augenblick. Er, der Russe und Nichtkatholik, nannte überzeugt und herausfordernd die heilige Theresia vom Kinde Jesu. Und als er sie mit Jeanne d'Arc verglich, entdeckte er in beiden denselben Geist der fürchterlichen und überragenden Kämpfe, der sich bei Theresia auf die ganze moderne Welt erstreckte.
     Warum?
     GUITTON: Weil Jeanne d'Arc und Theresia einen verblüffenden Erneuerungsgeist besaßen, wie er sagte. Statt in der Heiligkeit einen Aufstieg zum Himmel zu sehen, der außerhalb der Erde liegt, meinten sie, der Himmel sei als Fortsetzung der Sendung, der missionarischen Werke zu betrachten, die uns auf der Erde aufgetragen sind. Sie liebten wirklich die Erde nicht als Mittel, sondern wie der Schöpfer als solche.

Theresia im Karmel von Lisieux.

     Wir könnten auch sagen, daß der Genius der heiligen Theresia in gewisser Hinsicht der Intuition Luthers entsprach, mit dem, was sie an richtigem enthielt: daß ihre Hingabe an die barmherzige Liebe das Wesen von Luthers Vorstellung vom Glauben ist, der abgesehen von allen Werken rettet. Oder anders gesagt, ihr ‚nur für heute', ihre Vorstellung von der Ewigkeit, die bereits in diesem kostbaren Augenblick gegenwärtig ist, hat André Gide in seinem berühmten Uns nährt die Erde völlig umgewandelt. Oder noch ganz allgemeiner gesagt, die Liebe zur Erde der Menschen, zu den demütigen, kämpfenden und leidenden ‚kleinen Seelen', für die ‚kurzen' und einfachen Methoden, zu vergeblichen und unbedeutenden Akten, zur Ganzheit, kurzum zur gesamten der modernen Welt immanenten Spiritualität, ist bereits ganz in ihr gegenwärtig, und zwar ganz real und bis zur Angst, bis zur Erfahrung des radikalen Zweifels an allem, bis zum Gefallen am Nichts im Sinne von Baudelaire.
     Daß eine Russe wie Merezkovkij am Ende seiner Liste der ‚genialen' Heiligen gerade Jeanne d'Arc und Theresia von Lisieux, die beiden Patroninnen Frankreichs, aufzählt, ist bemerkenswert.
     GUITTON: Und eigenartigerweise muß man feststellen, daß Merezkovkij aufgrund seiner zusammenfassenden und vereinenden Weitsicht die beiden Jungfrauen einander näherbringt, ja sogar die miteinander identifiziert, die, als er schrieb, noch keine Patroninnen Frankreichs waren. Ich möchte ihn hier direkt zitieren: „Wenn Frankreich durch Jeanne d'Arc gerettet wurde, dann auch ganz Europa. Die Tatsache, daß die Rettung oder der Untergang Frankreichs, des vitalsten Körperteils des europäischen Organismus, Tod oder Leben des ganzen Leibes bedeutet hätte, ist für uns im 20. Jahrhundert eine ganz eindeutige Wahrheit. Jeanne d'Arc hat dies jedoch bereits im 15. Jahrhundert geahnt. Zwei große Heilige erstrahlten, die eine im christlichen Frankreich der vergangenen Jahrhunderte, die andere im entchristlichten Frankreich unserer Tage: Jeanne d'Arc und Theresia von Lisieux. Die eine ähnelt der anderen genausowenig wie das 20. Jahrhundert dem 15. Jahrhundert. Aber hätte Jeanne d'Arc nicht ebenso wie Theresia sagen können: ‚Ich will meinen Himmel damit verbringen, daß ich auf der Erde Gutes tue'? Aufgrund dieser religiösen Erfahrung, die Theresia ganz eindeutig äußerte und die Jeanne d'Arc in Stille (aber mit solch einer Tiefe) lebte, (daß kein großer Heiliger sie auszudrücken oder zu erleben vermochte), aufgrund dieses menschlichen Willens, auf der Erde zu wirken, der die Quelle ihrer Heiligkeit ist, ähneln sich beide nicht nur, sondern sie sind ein Herz und eine Seele in zwei verschiedenen Leibern: das vergangene und das zukünftige Frankreich. Von dieser Welt in die andere Welt, von der Erde zum Himmel: das ist der Aufstieg aller Heiligen! Nur Jeanne d'Arc und Theresia gingen den umgekehrten Weg, der vom Himmel zur Erde, von der anderen Welt in die unsrige führt."
     Nach Merezkovkij sind Jeanne d'Arc und Theresia die beiden modernsten, revolutionärsten Heiligen, Heilige einer Revolution, die nun beginnt und uns in ein neues Zeitalter führt.

In Theresia gibt es bestimmt den Widerspruch des ‚Genius' - oder der ‚Kindlichkeit', der ‚Gnade'. Dieser Widerspruch bewirkt, daß die schwierigen Handlungen leicht und natürlich erscheinen.

     Sind die Menschen deshalb so von Theresia fasziniert?
     GUITTON: Worin besteht die Faszination eines Seienden? Dies läßt sich nur schwer sagen, weil die Faszination an sich unbeschreiblich ist. Es ist eine gewisse Gegenwart der Person über ihre Grenzen hinaus wie zum Beispiel die Ausstrahlung von gewissen reinen Gesichtern. Es ist auch eine gewisse Ungezwungenheit, eine gewisse Unbefangenheit in Gesten, Worten, Handlungen, Verhaltensweisen, die noch soviel Schmerz bereiten, eine Leichtigkeit, mit der das, was ein Mensch tut, als göttliches Spiel erscheint, das aus ihm ohne große Anstrengungen und dank der gnadenhaften Beziehung mit der Quelle des Guten heraustritt.
     Nicht alle Heiligen lösen eine solche Faszination aus. Die Faszination schreibt man fast nie einem Erwachsenen zu. Sie verlangt eine gewisse Kindlichkeit, impliziert sogar eine Unkenntnis der Faszination; eine Faszination, die sich selbst bewußt ist, würde der Schauspielkunst gleichen und vergehen.
     Zwar läßt sich die Faszination bei Theresia nur schwer von ihrer Methode trennen. Wenn es aber einen Heiligen gibt, für den das Wort Faszination gilt, so weist dieses Wort auf Schwester Theresia vom Kinde Jesu, ja es kennzeichnet sie sogar geradezu. Deshalb läßt sich ihre Methode nur schwer von ihrer Person unterscheiden.
     Können Sie diese ‚Methode' in ihren Grundzügen beschreiben?
     GUITTON: Eigentlich läßt sie sich nur schwer vermitteln, schwieriger als es Theresia selbst erscheinen mochte und sie selbst es glaubte. In Theresia gibt es bestimmt den Widerspruch des ‚Genius' - oder der ‚Kindlichkeit', der ‚Gnade'. Dieser Widerspruch bewirkt, daß schwierige Handlungen leicht und natürlich erscheinen. Dennoch können wir versuchen, einige Aspekte darzulegen.
     Welche zum Beispiel?
     GUITTON: Die Liebe zur irdischen Verfaßtheit. In Theresias Schriften lesen wir oft Sätze wie diese: „Wir haben nur diese kurzen Augenblicke des Lebens, um Jesus zu lieben" (Briefe,71). Oder: „Ich sehe nicht genau, was ich nach dem Tod noch mehr haben werde... Ich werde den Lieben Gott sehen! Denn bei ihm bin ich auch schon auf der Erde ganz" (Novissima verba, 15. Mai).
     In diesen scheinbar widersprüchlichen Worten finden wir Theresias Vorstellung (die so neue Vorstellung in der Geschichte des religiösen Empfindens des Westens), wonach die Sterblichkeit, das Glaubensleben trotz seiner Vorläufigkeit und Gebrechlichkeit beneidenswert ist. Denkt man genauer darüber nach, so ist ein solches Denken bereits im Schöpfungsereignis und in der Menschwerdung enthalten.
     Mit dieser Eingebung ist der Wert des jetzigen Augenblicks für die Ewigkeit, den Theresia ihm beimißt, verbunden. In einem Gedicht lesen wir: „Mein Leben ist ein Blitz, eine Stunde, die vergeht, ein Augenblick, der sich mir schon bald entzieht und vorüber ist." Dann aber fährt sie fort: „Du weißt es, mein Gott, daß mir nur das heute bleibt, um Dich auf Erden zu lieben. [...] Was soll's, wenn die Zukunft dunkel ist... Nein, ich kann Dich nicht für das Morgen bitten... Bewahre mein Herz in Reinheit, beschirm mich in Deinem Schatten und sei es nur für den heutigen Tag!" Meiner Ansicht nach will Theresia damit sagen, daß die Erwartung bereits unterschwenglich Besitz ist, daß das Gnadenleben den Himmel vorwegnimmt und einen Vorgeschmack davon gibt, daß der Schatten süß ist, wenn er der Schatten Gottes ist.
     In einem Brief aus dem Jahr 1890 an ihre Schwester Céline schreibt Theresia: „Bereits jetzt sieht uns Jesus in der Herrlichkeit und freut sich über unsere ewige Seligkeit" (Briefe, 88).

Kurzum, wir sind genau beim Gegenteil des Denkens von Pelagius angelangt, für den die menschliche Bemühung die Ursache der himmlischen Belohnung war. Für Theresia wie für Augustinus war die Gnade hingegen (deren Herrlichkeit die Sichtbarkeit ist) die Ursache vor allen Verdiensten.

     Widerspricht der letzte Gedanke nicht dem außerordentlichen Wert, den Theresia dem jetzigen Augenblick beimißt?
     GUITTON: Für sich gesehen, ist der Gedanke sehr kühn, und nur ein Kind kann sich erlauben, so etwas zu sagen. Theresia spricht ihn aus vom Standpunkt der göttlichen Vorherbestimmung. In seiner Kühnheit maßt sich das Kind das Recht an, den göttlichen Plan der Prädestination aus Gnade zu erkennen. Vor diesem Hintergrund kann sich Theresia nur für geliebt und bevorzugt halten und Gott sehen, wie er sich bereits über die Seligkeit ihrer Seele freut.
     Kurzum, wir sind genau beim Gegenteil der Vorstellung von Pelagius angelangt, für den die menschliche Bemühung die Ursache der himmlischen Belohnung war. Für Theresia wie für Augustinus war die Gnade (deren Herrlichkeit die Sichtbarkeit ist) hingegen die Ursache vor allen Verdiensten.
     In ihrem Buch messen Sie neben vielen anderen Aspekten der Persönlichkeit der heiligen Theresia dem ‚Sinn für das Wahre' eine besondere Bedeutung bei. Was verstehen Sie unter diesem Ausdruck?
     GUITTON: „Ich kann nur in der Wahrheit Nahrung finden", sagt Theresia. Dieser Geist der Wahrheit ist in ihr grundlegend. Sie verlangt ständig nach dieser Speise und findet sie nur in dem, was keine Übertreibung, Legende oder Schwülstigkeit darstellt. Theresia hatte keine kritische Bildung. Aber in ihr läßt sich ein wahrhaft kritischer Sinn erahnen. Wie Jeanne d'Arc war auch sie keine Theologin. Betrachtet man aber ihre Antworten bei ihrem Prozeß, so zeichnet sich die Verständigkeit einer Theologin ab, eine verblüffende Fähigkeit, Fälle zu lösen, die sich dem Gewissen stellen.
     Während ihrer Krankheit sagte Theresia zum Beispiel, damit ihr eine Predigt über die Heilige Jungfrau gefiele und gut täte, müßte sie ihr das wahre Leben und kein mutmaßliches Leben vor Augen halten (vgl. Novissima verba, 23. August). Am 5. August, zwei Monate vor ihrem Tod, sagte eine Schwester zu ihr, in der Todesstunde kämen die Engel, um sie zu geleiten: „Alle Bilder", bekräftigte Theresia, „helfen mir nicht, sie können mich nicht nähren, nur die Wahrheit kann es. Deshalb habe ich nie nach Visionen verlangt. Ich will lieber bis nach dem Tod darauf warten."
     Und dennoch hinderte sie das Desinteresse für Visionen nicht daran, sich die Herrlichkeit des Himmels auszumalen.
     GUITTON: Als Theresia sich den Himmel ausmalte, gelang es ihr nur, ihn als Mittel zu verstehen, das es ihr ermöglichte, die Seelen zu lieben. Thérèse Martin nahm sich vor, sich auch in der Herrlichkeit aktiv und wirksam für die Seelen einzusetzen. In einem ihrer Gebete heißt es daher: „Laß mich, o mein Gott, in Ewigkeit mit Dir wirken!"
     In diesem Zusammenhang kommen einem die Worte des heiligen Ignatius von Antiochien an die Römer in den Sinn: „Unser Gott Jesus Christus offenbart sich nun, da er zum Vater zurückgekehrt ist, umso mehr." Ist bei Theresia ein ähnlicher Gedanke zu finden?
     GUITTON: Ja. Für Theresia ist der Himmel der Ort eines ständigen, engelgleichen Wirkens; sie denkt, daß man in der Todesstunde sozusagen die Waffen des Ritters empfängt und die Aufgaben der Engel Gottes übernimmt. Dieser feierliche Augenblick sei nicht die Stunde, in der die ewige Ruhe begänne, sondern die Stunde des unbegrenzten Wirkens, insofern das Leben im Leib dem eigenen Wirken immer Grenzen auferlegte.
     Und nach ihrem Tod hat Theresia die Kirche ihre Gegenwart tatsächlich spüren lassen. Die ungeheure Verbreitung ihres Tagebuchs Geschichte einer Seele ist nur ein Beispiel dafür.
     GUITTON: Ja, das Büchlein der heiligen Theresia ist ein Bestseller des 20. Jahrhunderts.
     Wie ist dieser riesige ‚Erfolg' zu erklären?
     GUITTON: Theresia drückt das in einer ganz einfachen, kindlichen, genialen, um nicht zu sagen naiven, Sprache aus, was der Apostel Paulus gesagt hat: daß die vom Heiligen Geist in die Herzen ausgegossene Liebe alles ist und daß auch nur ein Akt dieser Liebe mehr Wert ist als alle asketische Übung. So hat die heilige Theresia, fast ohne es zu merken, den bekannten Gedanken von Pascal bezeugt: „Alle Leiber, das Firmament, die Sterne, die Erde und ihre Reiche sind im Vergleich zum kleinsten Geist nichts Wert, denn dieser erkennt all dies und sich selbst. Alle Leiber zusammen und alle Geister zusammen und alle ihre Erzeugnisse sind im Vergleich zum geringsten Liebesakt nichts Wert. Dieser gehört einer unendlich höheren Ordnung an. Aus allen Leibern zusammen könnte man auch nicht den geringsten Gedanken hervorbringen: es ist unmöglich, weil er einer anderen Ordnung angehört. Aus allen Leibern und Geistern könnte man keinen einzigen wahren Akt der Liebe hervorbringen: es ist unmöglich, er gehört zu einer anderen, zur übernatürlichen Ordnung." Daher schreibt Theresia: Wenn ich mildtätig bin, so nur, weil Jesus in mir wirkt."