CHRONIK

     Die folgende Chronik soll helfen, die im Dossier vorkommenden Namen und Ereignisse besser zu verstehen.

 

 

     Januar

     1 Die Verfassung der Republik Italien tritt in Kraft.

     4-10 In Mailand hält der PCI seinen 6. Parteikongreß ab. Im Zuge der bereits im Dezember 1947 eingeleiteten Initiativen beschließt man, gemeinsam mit den Sozialisten eine demokratische Volksfront für Frieden, Freiheit und Arbeit zu gründen und für die bevorstehenden Wahlen Einheitslisten vorzubereiten.

     19 -23 In Rom findet der 26. Kongreß des PSI statt. Der Antrag des linken Flügels der Partei für ein Wahlbündnis mit dem PCI wird mit einer Mehrheit von 67 Prozent der Abgeordneten verabschiedet.

     31 Die verfassungsgebende Versammlung beendet ihre Arbeit.

 

     Februar

     2 Der amerikanische Botschafter in Rom, James Dunn, und der italienische Außenminister, Carlo Sforza, unterzeichnen einen Freundschafts- und Wirtschaftsvertrag zwischen Italien und den USA, der auf 10 Jahre befristet ist.

     8 Der Wahlkampf zu den Wahlen des ersten republikanischen Parlaments beginnt. Auf Anregung des Präsidenten der Katholischen Aktion, Luigi Gedda, und mit offizieller Approbation des Heiligen Stuhls entstehen Bürgerausschüsse. Unter der Führung eines nationalen Zentrums, an dessen Spitze Gedda selbst steht, verbreiten sich die Ausschüsse mit Hilfe der Diözesen und Pfarreien im ganzen Land und schaffen eigens einen Propagandaapparat, der den der Christdemokraten weit übertrifft. Die Bürgerausschüsse sollten in einem oft auch polemisch geführten Wahlkampf noch eine wichtige Rolle spielen. Zu den stark an einen Kreuzzug erinnernden Reden gegen den atheistischen und verlogenen Kommunismus kommen die Radioansprachen des Jesuitenpaters Riccardo Lombardi (dem sogenannten „Mikrophon Gottes").

     15 In Pescara finden Kommunalwahlen statt. Das Innenministerium hatte den Gemeinderat dieser Stadt in den Abruzzen, dem ein Ausschuß der Linken unter sozialistischer Führung vorstand, per Dekret aufgelöst, als es Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung entdeckte. Das Ergebnis ist ein haushoher Sieg der Liste der Linken (zu der auch die Republikaner gehörten), die 79 Prozent der „Stimmen" erhält. Die Stimmung nach den Wahlen ist geteilt: bei den Linken herrscht triumphierende Freude, während sich unter den Christdemokraten Besorgnis breitmacht.

 

     März

     17 In Brüssel gründen Großbritannien, Frankreich, Belgien, Holland und Luxemburg die Westeuropäische Union (WEU) und schließen somit einen Pakt zur gegenseitigen Wirtschafts-, Kultur- und Militärhilfe gegen eventuelle Übergriffe der Sowjetunion. Die Dauer des Abkommens wird auf 50 Jahre festgelegt.

     20 In Turin unterzeichnen die Außenminister Frankreichs und Italiens, Georges Bidault und Carlo Sforza, das Abkommen zur Zollunion.

 

     April

     3 Der Marshallplan wird öffentlich eingeleitet. Der amerikanische Präsident Harry Truman unterzeichnet das Gesetz zur Unterstützung Europas, nachdem ihn das amerikanische Repräsentantenhaus zuvor bereits endgültig verabschiedet hatte.

     16 In Paris wird auf Beschluß der 2. Konferenz der Vertreter der 16 Länder, die am Marshallplan teilnehmen, die Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) gegründet. Diese neue internationale Organisation soll Programme zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas koordinieren, überwachen und durchführen.

     18 Italien wählt mit einer Wahlbeteiligung von 92,9 Prozent das erste Parlament der Republik.

     22 Das Innenministerium gibt die endgültigen Wahlergebnisse bekannt: auf die Christdemokratische Partei entfielen 48,5% der Stimmen und damit 305 Sitze im Parlament, auf die demokratische Volksfront aus Kommunisten und Sozialisten hingegen 31% der Stimmen und 183 Sitze.

 

     Mai

     8 Das neugewählte Parlament der Republik tagt zum ersten Mal. Giovanni Gronchi wird zum Parlamentspräsidenten und Ivanoe Bonomi zum Senatspräsidenten gewählt.

     11 Luigi Einaudi wird zum Staatspräsidenten gewählt.

     12 De Gasperi reicht sein Rücktrittsgesuch beim neuen Staatsoberhaupt ein. Einaudi weist es zurück. Der Ministerpräsident behält sich jedoch eine eventuelle Regierungsumbildung vor.

     23 Die 5. Regierung De Gasperis wird eingesetzt. Sie besteht aus folgenden Parteien: DC, PLI, PSLI und PRI. Ministerpräsident ist Alcide De Gasperi.
     de de Gasperi.

 

     Juni

     27-30 In Genua tagt der 27. Parteikongreß des PSI. Der linke Flügel der Partei tritt unter Führung von Pietro Nenni für ein Bündnis mit den Kommunisten ein.

     28 Italien und die USA unterzeichnen ein bilaterales Abkommen über die Durchführung des Marshallplans.

 

     Juli

     14 Am späten Vormittag wird auf Palmiro Togliatti ein Attentat verübt: der Rechtsextremist Antonio Pallante aus Catania feuert auf den Vorsitzenden der italienischen Kommunisten zwei Pistolenschüsse ab, als dieser das Parlament an der Piazza Montecitorio verläßt, und verletzt ihn schwer.
     Am frühen Nachmittag geht die Nachricht wie ein Lauffeuer durch das ganze Land. Überall kommt es zu Volkskundgebungen. Die Arbeitskammern rufen vor allem in Norditalien zum Generalstreik auf. Arbeiter besetzen Fabriken. Gruppen ehemaliger Partisanen greifen zu den Waffen und besetzen strategisch wichtige Punkte und öffentliche Gebäude; in vielen Orten kommt es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und der Polizei. Die Stimmung ist zum Zerreißen gespannt. Am Abend tritt der Vorstand der CGIL zusammen. Die demokratischen Abgeordneten nehmen nicht daran teil. Man beschließt die Ausrufung des Generalstreiks für alle Klassen, und die Regierung wird bezichtigt, in Italien ein Klima geschaffen zu haben, das die antidemokratischen Kräfte entfesselt hat. Die Regierung hält ununterbrochen Kabinettssitzungen. Sie weist die erhobenen Vorwürfe mit einem Gegenangriff auf die CGIL zurück und meint, sie trüge die Verantwortung für die Aufhetzung der Arbeiter zum Streik.

     16 Innenminister Scelba klagt die Kommunisten vor der Kammer aufrührerischer Umtriebe an und zieht die Bilanz der beiden ereignisreichen Tage: 7 Tote und 120 Verletzte auf Seiten der Polizei und 7 Tote und 86 Verletzte unter der Zivilbevölkerung.

     19 Togliatti ist außer Lebensgefahr.

 

     August

     11 Die demokratische Volksfront wird auf Antrag der italienischen sozialistischen Partei aufgelöst.

     14 Die 14. Olympischen Spiele, die ersten seit Ende des Krieges, gehen in London zu Ende. Italien hat 8 Goldmedaillen, 11 Silbermedaillen und 8 Bronzemedaillen gewonnen und nimmt im Medaillenspiegel den 3. Platz ein.

 

     September

     8 Papst Pius XII. empfängt den italienischen Botschafter bei den Vereinigten Staaten, Alberto Tarchiani, der seit einigen Monaten vertrauliche Verhandlungen über die mögliche Eingliederung Italiens in das bevorstehende Militärbündnis der Westmächte führt. Er schildert dem Kirchenoberhaupt die internationale Situation und legt ihm eine Stellungnahme des Vatikans nahe, um bei dieser Gelegenheit die neutrale und pazifistische Einstellung einiger katholischen Kreise ins rechte Licht zu rücken.

 

     Oktober

     13 Außenminister Carlo Sforza betont gegenüber dem Parlamentsausschuß für Auswärtige Angelegenheiten die Notwendigkeit, daß Italien seine neutrale Position aufgibt, die es derzeit unter den europäischen Nationen einnehme, da sonst die Gefahr der Isolierung bestünde. Er spricht von möglichen Verhandlungen über einen Beitritt zur WEU, die im März in Brüssel gegründet worden war. Dahingehend wurden Verhandlungen mit Frankreich geführt. Während des Sommers hatten die Unterzeichnerstaaten des Brüsseler Planes, die USA und Kanada, die Verhandlungen über die Errichtung eines Militärbündnisses aufgenommen, die 1949 mit dem Nordatlantikpakt besiegelt werden sollten.

     17 Der amerikanische Außenminister George Marshall besucht Italien. Er wird Gespräche mit Staatspräsident Luigi Einaudi, De Gasperi und Sforza führen.

 

     November

     22 De Gasperi trifft sich in Paris mit dem französischen Ministerpräsidenten Henry Queuille und Außenminister Robert Schuman.

     30 Auf Nennis Antrag vom 27. Oktober hin berät die Kammer über die Außenpolitik der Regierung; die Debatte wird sich noch bis zum 4. Dezember hinziehen. Die Neutralisten und die Befürworter des Beitritt Italiens zu einem Militärbündnis der Westmächte liefern sich eine heftige Debatte.

 

     Dezember

     2 Generalstabschef Luigi Efisio Marras trifft in Washington ein; auf seinem USA-Besuch wird er sich mit den wichtigsten politischen und militärischen Vertretern der Vereinigten Staaten treffen und von Präsident Truman im Weißen Haus empfangen werden.

     20 Außenminister Sforza trifft sich in Cannes mit seinem französischen Kollegen Schuman, um über den möglichen Beitritt Italiens zur WEU zu beraten.

     21 Die staatlichen Angestellten fordern höhere Löhne und treten in Streik. Die Regierung erkennt zwar an, daß die Proteste begründet sind, weist die gewünschten Erhöhungen aber mit dem Verweis auf die schwierige Lage des Staatshaushalts zurück. Der Protest legt sich, auch wenn weiterhin allgemeine Unzufriedenheit herrscht.

     24 Pius XII. spricht in seiner Weihnachtsansprache vom Frieden als einem Wert, für den sich die Christen einsetzen müssen; er anerkennt den Krieg als legitimes Mittel zur Verteidigung gegen Aggressoren und betont, wie wichtig eine weltweite Solidarität zur Abschreckung möglicher Aggressoren ist.